bürgergeld & weltschmerz: nachrichten [igel münchen]
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| 25. February 2015 |
Speichern: [mp4 - 9.5 MB] -- Sparte: Videocast - UID: 20150225
Die google Trefferliste pfeift es zusammen mit den neoliberalen Medien von allen Dächern: wer sich im unter Juristen ansonsten nicht gerade als Goldgrube bekannten Sozialrecht betätigt, ist per se der Bereicherungsabsicht verdächtig. Weil das deutsche Prozessrecht keine Sammelklage kennt, ist die individuell zu vergütende Anfechtungsklage, mit der Hilfebedürftige die per Textbaustein gefällten Entscheidungen der Jobcenter prüfen lassen können, das einzig aprobate Mittel zur Verteidigung sozialer Rechte.
Dass sich einige dunkelgraue Schafe in der Schar der 'Hartz-IV Anwälte' tummeln, mag Involvierte genau so wenig erstaunen, wie die Tatsache, dass aufgrund systematischer 'Fehler' in den EDV-Systemen der Bundesagentur oft Tausende von Hilfebedürftigen von dem selben rechtswidrigen Bescheid betroffen sind. Am ehesten erstaunlich ist da noch, dass solche Systemfehler von wirtschaftlich orientierten Kanzleien nunmehr im Sozialrecht genutzt werden. Bislang waren es üblicherweise sich im Wettbewerbsrecht oder Inkassorecht betätigende Abmahnanwälte, denen die Lizenz zum Gelddrucken nachgesagt wurde. Wer aber um Streitwerte im Centbereich klagt, der hätte auch auch auf die viel charmantere Idee kommen können, den klagenden Mandanten einen Teil des durch die Jobcenter bezahlten anwaltlichen Honorars in Gestalt der ehrenamtlichen Aufwandspauschale zukommen zu lassen. Allerdings dürfte die dafür erforderliche Anerkennung der Gemeinnützigkeit solcher Kanzleien schwierig werden...
Wer nun aber auf mehr oder weniger boulevardeske Weise auf die verhöhnende Presewelle gegen die im Sozialrecht agierende Anwaltschaft aufspringt, darf sich wenigstens nach der Motivation seiner Veröffentlichung fragen lassen. Als promoviertem Juristen ist Joachim Wagner die seit den Hartz-Gesetzen sich stetig verschlechternde Rechtsposition der Hilfebedürftigen jedenfalls nachvollziehbar. Deren Schützenhelfer nunmehr unter Genralverdacht zu stellen, höhlt die letzten Rechte der Entrechteten weiter aus. Wer sich daran beteiligt, trägt zur Vertiefung der gesellschaftlichen Spaltung bei, die das Hartz-IV System in den vergangenen zehn Jahren Schritt um Schritt mit sich brachte. Der Leiter der Sendung Panorama darf sich seiner journalistischen Verantwortung bewusst werden.
Helga Spindler - Polemik gegen "Hartz IV-Anwälte" diskreditiert die Durchsetzung sozialer Rechte - in info also 4/2014