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to top Neue Mietobergrenze der Landeshauptstadt München
01. March 2014

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Fast zwei Jahre nach der Entscheidung des Landessozialgerichtes Bayern, in der der Landeshauptstadt München und dem Jobcenter aufgegeben worden war, neue Berechnungskriterien für die Mietobergrenzen zu finden, sind diese nun endlich festgesetzt worden - mehr oder wenig freiwillig.

Bereits im Juli 2012 hatte das Landessozialgericht Bayern aufgrund der Klage einer damals 58 jährigen Mieterin aus der Maxvorstadt entschieden, dass die schon seit 2008 geltenden Mietobergrenzen durch die Stadt und das Jobcenter München neu zu berechnen seien (Süddeutsche Zeitung vom 12. Juli 2012). Denn auch während des insgesamt fast vier Jahre andauernden Verfahrens konnte das Jobcenter München bereits laut der Entscheidung des Bayerischen Landessozialgerichtes (L 16 AS 127/10) kein schlüssiges Konzepkt dafür vorlegen, wie sich die Hartz-IV- und Sozialhilfeempfängern zugestandenen Mietobergrenzen im einzelnen berechnen liessen. In der mündlichen Begründung erläuterte die Vorsitzende Richterin damals, dass eine etwaige Klagehäufung gegen die zu gering veranschlagten Mietobergrenzen zu einer Überlastung des Gerichts führen könne. Das Jobcenter sei deshalb angehalten, baldmöglichst neue Berechnungsgrundlagen zur Ermittlung der Mietobergrenzen zu finden, so die Vorsitzende Richterin.

Trotz des eindeutigen Richterspruchs liess sich das Jobcenter München seitdem erneut fast zwei Jahre Zeit, um die zu erstattenden Mieten den realen Verhältnissen des Münchner Mietmarktes anzupassen. Es wartete erst die Revisionszulassungsentscheidung des Bundessozialgerichtes vom 10. September 2013 (B 4 AS 77/12 R) ab, statt dem Urteil des Landessozialgerichtes von sich aus Glauben zu schenken. Dennoch bemühte sich jedenfalls das Sozialreferat der Landeshauptsadt anlässlich der geplanten Neuregelungen des Zweiten Sozialgesetzbuches vergeblich darum, die Frist zur Weitergewährung der durch den Leistungsbezieher überschrittenen Kosten der Unterkunft von längstens sechs Monaten ersatzlos zu streichen. Diese Anregung wurde vom Bundesministerium für Arbeit und Soziales ausdrücklich abgelehnt.

Mit der jetzigen Neuregelung der Mietobergrenzen schafft das Jobcenter München indes einen Umgehungstatbestand, um die finanziellen Auswirkungen des rechtskräftig gewordenen Urteils zumindest teilweise doch versteckt abzuwenden. Denn die neuen Mietobergrenzen wurden nunmehr erstmals vom Jobcenter München als Bruttokaltmiete ausgelegt, angeblich um sich der Rechtsprechung des Bundessozialgerichtes anzupassen. Weil die zuvor zu Grunde gelegten Nettokaltmieten aber keine Betriebsnebenkosten enthielten, dürfte sich die sogenannte Erhöhung für die von den hohen Münchner Mieten am härtesten getroffenen Hartz-IV Bezieher_innen angesichts der noch stärker als die Mieten derzeit steigenden Wohnnebenkosten kaum rechnen. Die sogenannte Erhöhung der Mietobergrenzen fällt damit in der Realität deutlich geringer aus, als es zunächst scheint und dürfte in Einzelfällen sogar zu einer Reduktion der durch das Jobcenter zu übernehmenden Gesamt-Unterkunftskosten führen.

Nachtrag August 2015: Nicht unerwähnt bleiben soll an dieser Stelle, dass sich das Sozialreferat der Landeshauptstadt als Betreuungsreferat des Jobcenters München anlässlich der anstehenden Neunten Änderungsreform des Zweiten Sozialgesetzbuches mit Schreiben vom 23. April 2014 beim Bundesministerium für Arbeit und Soziales dafür eingesetzt hat, die in § 22 Abs. 1 S.2 SGB II normierte Frist von maximal sechs Monaten (wieder) zu kippen, innerhalb derer einem Hilfebedürftigen Gelegenheit gegeben wird, eine günstigere Wohnung zu finden. Als Begründung wurde die verheerende Wohnungsmarktlage in München angegeben, die es oft nicht erlaubt, innerhalb eines halben Jahres eine Wohnung unterhalb der Mietobergrenze zu finden. Das BMAS hat diesen Antrag mit der fadenscheinigen Begründung verworfen, dass der Wohnungsmarkt nicht bundesweit angespannt sei (Antwort der Sozialreferentin und berufsm. StRin Brigitte Maier auf eine Anfrage der im Sozialausschuss vertretenen Mitglieder der SPD: Beschlussentwurf vom 12.05.2015 - StR 14-20 / F 00259 - Seite 3).

Die Interessengemeinschaft der Erwerblosen München rät deshalb auch weiterhin dazu, gegen sogenannte Wohnkostensenkungsaufforderungen Widerspruch einzulegen und im Zweifel zu klagen, um diesen Umgehungstatbestand für alle Münchner_innen gerichtlich feststellen zu lassen. Wieviel Miete Sie derzeit maximal vom Jobcenter oder Sozialamt in München zu erwarten haben, können Sie aktuell auf den Seiten der Landeshauptstadt lesen.