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Über das Autofahren: Männer, die auf Ziegen starren | 07. September 2021 |
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von Christiane Rösinger aus dem Roman:
Berlin - Baku
S. Fischer Verlag, 2013, S. 9 - 11
poolmediamuc.de «News und Media Organisation»
ifm4v3.orf.at «Männer, die auf Ziegen starren» C. Pausch
Wer keinen Sinn fürs Autofahren hat, würde natürlich von Berlin aus in sechs Stunden über Moskau nach Baku fliegen und sich die Strapaze ersparen. Außerdem hat das Autofahren ja ein schlechtes Image. Nur mit viel Lust zum Tabubruch und Spaß am Ökos-Schocken kann man frei und laut sagen: Ich fahre gern Auto! Ich bin begeisterte ↓Autofahrerin!↓[mrLeeSir, 2005, 36:39 min]
In vielen Kreisen, ob man sie nun Lohas (Lifestyle of Health an Sustainability) oder Bobos (Bourgeois Bohemiene), öko oder altrnativ nennt, ist die Autofahrerin eine kritisch beäugte Ausnahmeerscheinung. Wer etwas auf sich hält, fährt Rad und bemüht sich, ganz nebenbei, eine mühelos-selbstverständliche Sportlichkeit durchscheinen zu lassen. («Wieso, von meiner Wohnung bis zum Prenzlauer Berg sind es doch nur
↓zwölf Kilometer»↓! [radln in amsterdam, 2020, 28:21 min]
Wer in Berlin aufgewachsen ist, hat oft gar keinen Führerschein und wozu auch - schließlich braucht man dort kein Auto, um vorwärts zu kommen. Die Zugezogenen schätzen den öffentlichen Nahverkehr, und so gilt das Autofahren auch in diesen Kreisen als schlechte Angewohnheit bornierter Bleifußcharaktere mit Silberhaar oder als zweifelhaftes Vergnügen der uneinsichtigen Unterschicht. Wer Auto fährt, ist unsozial, hinterlässt einen riesigen Klima-Fußabdruck, ist
↓faul und undiszipliniert↓[michael hartmann, ↷carwalker.de, orf, seitenblicke, austria, 1995, 06:30 min].
Der erste Geländewagen, der in einer Männerhose geboren wurde?
Und dann sind da noch die städtischen ↷SUV-Fahrer, die zu Recht unbeliebt sind und sich auch regelmäßig
lächerlich machen, wenn sie in engen, zugeparkten Straßen von Berlin-Mitte einen ↓Parkplatz suchen↓
oder sich mit ihren Karossen in ausweglose Situationen manövrieren, in Sackgassen stecken bleiben und sich beim Wendeverusch hoffnungslos verkeilen.
Noch unangenehmer sind aber überzeugte Radfahrer, wenn zum normalen Geltungs- und Umweltbewusstsein noch eine unglückliche persönliche Veranlagung hinzu kommt - dann entsteht der Typus des aggressiven Kampfradlers, der alle gnadenlos vom Bürgersteig fegt.
Hart arbeitende Frau in Nepal.
Aber auch der sanftmütige Berliner Radler wähnt sich grundsätzlich dem Autofahrer moralisch überlegen, weil er das ökologisch korrektere Verkehrsmittel benutzt: Der radelnde Umweltengel gegen die gasgebende Ökosau.
Und dann gibt es noch die Sorte Menschen, die Auto fahren, es aber total ungern tun. Dabei handelt es sich oft um Frauen über vierzig, die noch von Fahrlehrern der ↷alten Schule dermaßen ↷getriezt und ↷gedemütigt wurden, dass ihnen jedes Vertrauen in die eigenen Fahrkünste fehlt und jedes Einparken zur
↓nervlichen Belastung↓ wird.
Und es gibt die leidenschaftlichen Autofahrer, zu denen ich mich zähle. Wir passionierten Autofahrer sitzen gerne im Auto - nicht nur, weil uns das ↓U-Bahn-Fahren↓
in Berlin zu sehr deprimiert. Das Autofahren beruhigt uns, die Stadtlandschaft zieht ↓gemächlich vorüber↓
Wer vom Land kommt und eine Jugend mit einmal täglichen Busverbindungen und schauerlichen Tramper-Erlebnissen durchgemacht hat, für den war der Führerschein mit achtzehn der Weg in die Freiheit. Dieses Gefühl bleibt wohl ein Leben lang.
Nachts kann man in Berlin besonders gut Autofahren, die Straßen sind leer, und man kommt schnell voran. Auch die Überlandfahrt ist etwas Herrliches. Das Rumfahren ist halt immer das Schönste, manchmal ist es so gemütlich im Auto, dass man gar nicht mehr aussteigen will.
Die stille Grundtrauer, die den ↓Melancholiker↓
doch immer und überall begleitet, lässt beim Fahren ein bisschen nach, man hat ja was zu tun - vorwärts kommen, Kilometer und Landschaften hinter sich lassen!
Fahrend hat ↓alles plötzlich einen Sinn↓.
Die Fernreise mit dem Auto ist inzwischen schon etwas ↷ganz Exotisches, wozu den ↷langen Landweg nehmen,
wenn man nach ↓zwei Stunden Flugzeit↓
schon die europäischen ↷Traumstrände und ↷Hauptstädte erreichen kann, denkt sich der ↷autoferne Mensch. Dabei ist die tagelange, wochenlange Autoreise über Länder- und Zeitgrenzen doch die Königsdisziplin der Autofahrer.
Zum Glück fand sich direkt in meiner Kreuzberger Nachbarschaft eine andere b.egeisterte Autofahrerin die, nachdem sie von meiner Idee hörte, sofort sagte:
↓Ich fahr mit↓[video: die b., 2011 warsaw, 04:48 min]
von Christiane Rösinger aus dem Roman:
Berlin - Baku
S. Fischer Verlag, 2013, S. 9 - 11
ifm4v3.orf.at «Männer, die auf Ziegen starren» C. Pausch
↓download↓
↓weblinks↓
↓presseschau↓
«So ein Camp ist absolut unvorstellbar, nachdem wir uns
jahrelang für die Sauberkeit und Sicherheit ↓im Park↓ einsetzen.»
Stephen Sikder, Sprecher CSU-Ortsverband 32b Waldtrudering, Süddeutsche Zeitung, 24. August 2021
1001 Fehler | 20. May 2021 |
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Online Podiumsdiskussion:
Die Situation von geflüchteten Menschen
an den EU-Außengrenzen in Zeiten der Pandemie
1001fehler-recard.pdf official event rec: june 22, 2021
Fachveranstaltungsreihe „München global engagiert:
Ungleichheiten erkennen - gemeinsam mehr erreichen“
Unter der Schirmherrschaft von Dieter Reiter
Veranstalterin: LH-München [Referat für Bildung & Sport]
In Kooperation mit:
Unter Schwierigkeiten mit der Technik in die Veranstaltung. Der Ton lief endlich und irgendwie. Aber die Bilder legten sich über alles. Das Ding entwickelte sich zu einem einstündig illustrierten Albtraum.
Haben wir nichts gelernt aus den „1.000 Jahren“, als Asyl weitestgehend verweigert wurde? Fanden wir das Verhalten der verweigernden Länder so nachahmenswert? Das Leid der Männer nehmen wir nur peripher zu Kenntnis. Das der Frauen wird völlig ignoriert. Hinter dem Nürnberger Parteitagsgelände verschwindet der Blick auf die Stelen der eingravierten Menschenrechte.
.amsterdam:
↓event audio: 1001 Fehler↓
↓short audio: 1000 Fehler↓
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1000fehler: [mp3 - 2,8 MB] -- sparte: audiocast - uid: 20210520
ik begrijp het direct. wist je van onze aktie die we NU doen? samos calling radio natuurlijk, en beltegoed… http://schipholbrand.net/nl
van geert lovink, amsterdam, [de.wikipedia, ./theorie] op zondag 23 mei 2021 23:19:09 +0200:
„läuft hier, zwingende informationen - gerade nach raoul pecki's exterminate all the brutes (all 4 parts)“
samos calling: phone credit for refugees - by geert lovink, april 1, 2021 at 1:37 pm
1000 fehler: a composition of spoken theory-fragments by adilkno & 10a-musik (cologne), january 1999
↓video↓ von dctp.tv auf der ars electronica: „…können die verwaltung der welt nicht länger silicon valley überlassen“
interview with geert lovink by juan iñigo „social media are not the new smoking“, may 13, 2021 at 12:50 pm
.hamburg:
↓short movie: The Olive Tree↓
↓short audio: The Olive Tree↓
The Olive Tree: [mp4 - 51 mb] - sparte: videocast - uid: 20210520
The Olive Tree: [mp3 - MB] - sparte: audiocast - uid: 20210520
dancing at the border, singing for new order - mein neuster kleiner film der grade fertig ist… hoffe ihr findet 18 mins zum gucken? lesvos.w2.eu.net
van marily stroux, hamburg, [dgg, taz] op zondag 6 juni 2021 09:38:10 +0200:
„wie toll ist das! ich schau gleich rein aber das ist der organisierte
zufall so wie ich es lïebe.“
alarmphone: for boatpeople in distress at sea and in cases of pushback - by watch the med, alltime
↓video↓ noborder09.mp4 auf dem [noborder09camp], du 25 au 31 août 2009: „the border ist the problem…“
↓video↓ von arte.tv, january 4 2019: „…glaube nicht an neutralen journalismus“: marily stroux unter beobachtung.mp4
shooting back [pdf]
Die vier Jahreszeiten in Berlin | 01. May 2021 |
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Die vier Jahreszeiten in Berlin - von Christiane Rösinger
aus dem Roman: Das schöne Leben
Fischer Taschenbuch Verlag, 2008, S. 96-99
Es ist nicht leicht in Berlin, und das Leben hier fordert den ganzen Menschen. Das Jahr geht vom Winterschlaf in die Frühjahrsmüdigkeit, von der Frühjahrmüdigkeit ins Sommerloch, vom Sommerloch in die Herbstdepression und dann direkt in den Winterschlaf über - und zwischendurch gibt's Momente, die sind gut.
Dem Frühling dämmert man auf dem Sofa entgegen, ruht meditierend im Sessel und starrt vom Schreibtisch aus auf die Straße. Februar, März, April vergehen zäh, erst im Mai kommt eine trügerische Hoffnung auf.
Der Mai wurde, jahreszeitlich bertrachtet, eigentlich schon immer überbewertet. Der Wonne- Liebes- und Frühlingsmonat ist zwar der, in dem in der Natur das stärkste Wachstum stattfindet, aber ist das Grund genug für die ganzen albernen Maibräuche, die doch nur den sinnlosen Zwecken des Winteraustreibens und der Partnervermittlung dienen?
In der katholischen Kirche ist der Mai ein Marienmonat, da werden Maiandachten zu Ehren der heiligen Gottesmutter abgehalten. Der 1. Mai wiederum ist der Schutztag Josefs des Arbeiters.
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In Berlin ist alles anders: Da feiert man seit 1987 den revolutionären Ersten Mai. Mai-Veteran*innen erinnern sich auch heute noch gerne an die 750-Jahr-Feier der Stadt und das Straßenfest am Lausitzer Platz, als man später am Abend auf dem Hügel vor dem neuen Spreewaldbad die Tränengaskartuschen zurückschleuderte, während gegenüber in der Hauptstadt der DDR ein Freudenfeuerwerk angezündet wurde.
Nachts tauschten hocherfreute Rentner mit Gelegenheitsautonomen Schnaps gegen Kaffee, eine große Euphorie herrschte unter den Menschen, ein seliges Nehmen und Geben. Andere klopften schon manisch mit irgendwelchen Gegenständen an die Hochbahn. Im Bollemarkt schritt man kniehoch durch einen Matsch von zertrampelten Waren, glitt auf Erbsen in Tomatenmark aus und nahm dann pflichtschuldig das Wenige, was noch zu plündern war, mit: mehrere Apfelkornfläschchen an der Kasse zu 1 Mark 20 das Stück! Ja, auch da war schon eine kleine Enttäuschung mit dabei, und enttäuschend verliefen seither fast alle Erste-Mai Feiern.
Der Bollemarkt brannte in der gleichen Nacht noch bis auf die Grundmauern nieder. Schuld daran war aber, wie man heute weiß, ein zufällig des Weges kommender Pyromane.
Das immer wieder schöne Bild der vielen roten Fahnen am Heinrichplatz in Kreuzberg konnte auch in den späteren Jahren nicht darüber hinwegtäuschen, dass versteinerte Rituale diesen Tag belasteten und eine Verrohung der Sitten stattfand.
Der alte Maibrauch, zur Vertreibung des Winters brennende Strohräder von Bergen herabzurollen, wurde in Kreuzberg Jahr um Jahr als Kleinwagenabbrennen in die Moderne umgesetzt. Es sollten auf der Autonomenschule Sonderkurse für unpolitisch-erlebnisorientierte Jugendliche angeboten werden, in denen die Grundregeln des Straßenkampfs in leicht verständlicher Form unterrichtet werden. Kleine Merksätze wie «Es sagt das Zündel ABC: nur Mercedes, Porsche, BMW» und Benimmregeln wie «Die guten Militanten verschonen die Passanten» könnten da ethische Grundsätze vermitteln.
Der revolutionäre Erste Mai litt seit den Gründungstagen um 1987 von Jahr zu Jahr an einem immer stärkeren Imageproblem. Man hatte einiges versucht, zum Beispiel nach der Maueröffnung durch eine Verlagerung der Festivitäten in die östlichen Bezirke ein wenig Abwechslung zu schaffen. Schließlich boten der Hackesche Markt oder die Friedrichstraße genug Glasflächen, und es ließen sich dort bald tiefere Symbole des verhassten Kapitalismus finden, als die seit Jahrzehnten geschundene kleine Bushaltestelle am Mariannenplatz.
Allein, es wurde nichts draus. Seit den Neunzigern tanzen zwar am 30 April ein paar Hippiestudentinnen am Mauerpark durchs Feuer, und die Betrunkenen zerschlagen danach ein paar Bierflaschen an der Eberswalder Straße, aber der Erste Mai blieb in Kreuzberg.
Textquelle: Das schöne Leben - Roman, Fischer Taschenbuch Verlag, 2008, S. 96 - 99, von Christiane Rösinger