,meins, deins, das sind doch bürgerliche kategorien.´ josef ackermann

bürgergeld & weltschmerz: nachrichten [igel münchen]

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to top NAKBA in Malmö: Greta Thunberg setzt ein
10. May 2024


Speichern: [mp4 - 17.3 MB] -- Sparte: Videocast - UID: 20240510

In Malmö, während der letzten Vorbereitungen für den ESC in Schweden schließt sich Greta Thunberg den Protesten gegen die Politik der Regierung Netanyahus an, und eben nicht "gegen Israel" wie es in der deutschen Medienlandschaft einhellig und im Ausland allenfalls mal in außereuropäischen Boulevardblättern wie dem schottischen Daily Record heißt.

Der englische Telegraph hingegen schreibt in seinem Videoclip von ,propalästinensischen Protesten', leider auch mit Bildern einer mit Füßen getretenen Israelflagge, die keinesfalls ausgespart bleiben darf, nicht aber zentraler Bestandteil war, sondern marginal am Rand auftrat. Für die internationalen Kameras Grund genug, den Autozoom darauf zu richten.

Am engsten dran berichten die am weitest entfernt sitzenden australischen skynews. Thunberg lobte in deren Videoclip die anhaltenden Proteste an Universitäten weltweit. Sie sagte, dass junge Menschen mit ihrer Reaktion auf den Krieg zwischen Israel und Gaza den Weg weisen.

Vorgestern noch zeigte sich die Bundesbildungsministerin entsetzt über den Aufruf von mehr als 600 Lehrenden des 2022 insgesamt knapp 50.000 Personen [destatis] umfassenden Hochschulpersonals der Berliner Hoschschulen, die das Recht ihrer studierenden auf friedlichen Protest verteidigten, der auch die Besetzung des Uni-Geländes einschließt.

Heute existiert auf strikegermany.org ein Aufruf internationaler Kulturschaffender, deutsche Kulturinstitutionen wegen ihrer ,McCarthyistischen Maßnahmen' [pdf, deutsch, multi.lingua] zu bestreiken.

Geert Lovink: ,strikegermanordnung.org wäre besser, das ist angesagt. die welt langweilt sich über die deutsche ordnung, nicht über die deutschen, nicht über deutschland'. NAKBA | ausstellung bis 21. juni | seidlvilla verein e.v. | nikolaiplatz 1b |

to top NAKBA in Mokum und Berlin
07. May 2024


Speichern: [mp4 - 5.6 MB] -- Sparte: Videocast - UID: 20240507

.,Es ist doch ein gutes Gefühl, dass langsam auch palästinensische Blickweisen thematisiert werden.´ schreibt Angela Krause, Salam Shalom Arbeitskreis Palästina-Israel e.V., noch gestern Abend über die erfreuliche Berichterstattung der Lokalpresse in der SZ [paywall].

Dann fiel die NAKBA über Mokum her, dem alten jiddischen Namen für Amsterdam, der soviel wie "sicherer Hafen" bedeutet und vor Ort Lebenden nicht erst seit vor der deutschen Invasion im Mai 1940 ein 'gezellig' Gefühl vermittelt.

Die Universität von Amsterdam (UvA) wurde geräumt: gewaltsam, mitten in der Nacht, oder auch unter dem 'Einsatz von Zwangsmitteln', wie es im deutschen Polizeijargon meist heißt. Zuvor hatten während des gestrigen Montags Studierende in Belgien und den Niederlanden Teile der Universitäten in Ghent und Amsterdam [live-encampment bij INC, source: Dutch Scholars for Palestine] besetzt, um gegen Israels Krieg in Gaza zu protestieren.

,In den Niederlanden ist das ganze erstmal anders. Die Niederlande sind nicht Deutschland' [Geert Lovink], wo in der Freien Universität Berlins [FU], die selbst wiederum nicht mit der Offenen Uni BerlinS [OUBS] zu verwechseln ist, schon zum erneuten mal Statements und Stellungnahmen an die Presse gegeben werden müssen, während zwischenzeitlich mehr als 600 Lehrende der Berliner Hoschschulen ihre Studierenden keiner Polizeigewalt ausgesetzt wissen wollen, für den Dialog mit ihnen eintreten und 'dem Schutz der Hochschulen als Räume der kritischen Öffentlichkeit höchste Priorität' einräumen.

Bundesbildungsministerin Bettina Stark-Watzinger zeigt sich ,entsetzt und fassungslos' über solche Forderungen. Berlins Regierender Bürgermeister Kai Wegener (CDU) hatte laut Zeit.online die Besetzung bereits zuvor verurteilt. Nun hat er der renommierten Bildzeitung mitgeteilt: ,Für die Verfasser dieses Pamphlets habe ich überhaupt kein Verständnis.' Berliner Universitäten seien und blieben Orte des Wissens, des kritischen Diskurses und des offenen Austauschs. ,Antisemitismus und Israelhass sind aber keine Meinungsäußerungen, sondern Straftaten'.

Kaum verwunderlich, hatten die 'propalästinensischen Studierenden' doch noch zuletzt im Dezember 2023 angekündigt: 'Wir kommen wieder'. Rund einhundert von ihnen besetzten nunmehr einen Hof der FU Berlin und wurden nicht nur von dort mit Pfefferspray vertrieben, sondern auch bereits im Anschluß an die gewaltsame Räumung des Palästina-Protestcamps neben dem Kanzleramt am Freitag mit mehr als 40 Strafverfahren überzogen, während die dabei eingesetzten Einsatzkräfte wegen eines teils rabiaten Vorgehens in der Kritik stehen und nunmehr Vorwürfe der Polizeigewalt geprüft werden sollen.

Und in gesamt Süddeutschland? Vermutlich denken dort die Studierendenschaften noch nach. ,Wir überlegen noch...´?

,Die Stadt München jedenfalls kritisiert schon mal die heute beginnende Ausstellung NAKBA in der Seidlvilla als 'einseitig und tendenziös'. Wissenschaftler halten diese palästinensische Perspektive aber für historisch korrekt und für legitim.

NAKBA | ausstellungserföffnung | heute dienstag, 7. mai 2024, 19 uhr im seidlvilla verein e.v. | nikolaiplatz 1b |

to top Ausstellung über die "Nakba"
06. May 2024


Speichern: [mp4 - 19.9 MB] -- Sparte: Videocast - UID: 20240506

Bernd Kastner schreibt morgen im Münchner Teil der Süddeutschen Zeitung: ,Die Stadt München kritisiert die Schau in der Seidlvilla als einseitig und tendenziös. Wissenschaftler halten diese palästinensische Perspektive aber für historisch korrekt und für legitim.´

Noch vor der Eröffnung gibt es Streit um eine Ausstellung über die "NAKBA". Mit dem arabischen Wort für "Katastrophe" bezeichnen Palästinenser Flucht und Vertreibung Hunderttausender Menschen im Zuge der Staatsgründung Israels 1948. Die Ausstellung wird von diesem Dienstag an in der Seidlvilla gezeigt, dem städtischen Kulturzentrum in Schwabing.

Die Stadt München distanziert sich von der Schau, namhafte Wissenschaftler wiederum halten sie für sinnvoll. Die Veranstalter selbst schreiben, die Ausstellung "könnte einen Anstoß bieten, gegenseitige Sichtweisen zu respektieren, sich zu tolerieren und Wege der Verständigung gerade auch in München zu suchen".

In ihrer "Distanzierung" erklärt die Stadt, sie sei "rechtlich dazu verpflichtet, ihre Räumlichkeiten" zur Verfügung zu stellen. Dies bezieht sich auf ein Gerichtsurteil zum sogenannten BDS-Beschluss des Stadtrats. Der sollte verhindern, dass in städtischen Räumen über die Israel-kritische Boykottbewegung BDS diskutiert werde. Propalästinensische Aktivisten klagten dagegen und obsiegten 2022. Mehr morgen in der SZ, 7. Mai 2024 [paywall], München und Region.

NAKBA | ausstellungserföffnung | morgen dienstag, 7. mai 2024, 19 uhr im seidlvilla verein e.v. | nikolaiplatz 1b |

to top Gelbes Sprengkastl auf unsere Kosten
26. April 2024


Speichern: [mp4 - 19.9 MB] -- Sparte: Videocast - UID: 20240425

Lohnt sich das überhaupt? Jede mit der Verschärfung von Sanktionen gegen Bürgergeldbeziehende verbundene Parteitagsfolklore extra zu erwähnen? Gestern braune Folklorebändchen an den AFD-Trachten, heute gelbe Burschenschaftsbändchen. En vogue scheint jüngst, wer fordert, was es längst gibt.

Wird aber eine leicht durchschaubare Pressetaktik so schön quittiert, wie von unserer Stammsendung quer im Bayerischen Fernsehen, ist das einen Beitrag wert.

to top zwanzig jahre nichtarbeit
10. April 2024


Speichern: [mp4 - 7.3 MB] -- Sparte: Videocast - UID: 20240410

Herzlichen Glückwunsch: heute vor genau zwanzig Jahren, am 10. April 2004 lief das erste mal im OKB ein Beitrag des rbb über das Forum der Nichtarbeit. „Das war eine Gruppe von Amateurfilmern. Mit dem Wort Nichtarbeit wollten sie jene Denkhaltung attackieren, die Arbeit nur als Arbeit akzeptiert, wenn sie finanziell vergütet wird.

Bezahlte Jobs hatten alle drei nicht. Ihre Amateurfilme veröffentlichten sie im offenen Kanal. Das ist ein Fernsehsender in Berlin, bei dem jeder mitmachen kann. Ihre Themen suchten sich die drei auf der Straße. Ob Schwarzfahrerbündnis, Streik oder Kiezfest, das Forum der Nichtarbeit war mit der Kamera dabei.‟

to top Alles hat mit einfachen Drogen angefangen
22. March 2024


Speichern: [mp4 - 3.7 MB] -- Sparte: Videocast - UID: 20240322

„Es wird das totale Chaos ausbrechen. Das darf nicht passieren. Lasst uns den Vermittlungsausschuss anrufen. Lasst uns das klären.

Ich habe in Großschweidnitz, im sächsischen Krankenhaus für Psychiatrie Menschen gesehen, deren einziger Inhalt am Ende nach - nicht Cannabis, aber mit Cannabis hat es begonnen, am Ende war es Crystal Meth, eine furchtbare Droge und die aktuellen Zahlen sind ja auch dramatisch, wie diese Teufelsdroge weiter Deutschland und Europa flutet - nur noch damit beschäftigt waren, das Wasser von einem Glas in das andere mit einem Löffel umzufüllen und, wenn sie damit fertig waren, es anders zu machen.

Und in Weißwasser, in meiner Oberlausitzer Heimat, Menschen getroffen habe, die den Tag damit beschäftigt waren, mit einem Hammer eine Gipskartonplatte klein zu schlagen, damit sie den Tag beschäftigt sind. Und alles hat mit einfachen Drogen begonnen. Alles hat irgendwo einen Beginn.‟

Michael Kretschmer in heutiger 1042. Sitzung des Bundesrates, DrS 92/24, Video-Symbol↷Video TOP 6
Gesetz zum kontrollierten Umgang mit Cannabis und zur Änderung weiterer Vorschriften (Cannabisgesetz - CanG).
Deutschlandfunk 22. und 23.03.2024: Cannabisgesetz - Auszüge aus Audio-Symbol↓Presseschauen↓
Update 31.03.2024: Kurze DLF-Durchsage von Paul-Phillipp Hanske: Audio-Symbol↓Drogen, Rausch, Ekstase↓
Update 09.04.2024: blog.fefe.de:
„Der Postillon: ist schon wieder von der Realität überholt worden. Satire ist tot.‟

to top Bayerische Bezahlkarte für Stadt- und Gemeinderäte startet
21. March 2024


Speichern: [mp4 - 4.5 MB] -- Sparte: Videocast - UID: 20240321

Wie bereits gestern die Süddeutsche Zeitung im Vorfeld berichtete, wird die Bezahlkarte für Stadt- und Gemeinderäte seit heute in vier Test-Kommunen erprobt. Ministerpräsident Markus Söder (CSU) will dadurch die Gesamtzahl der Gemeinderatssitze in Bayern reduzieren. Wie die Karte funktioniert.

"Schneller", "konsequenter", "härter", das waren regelmäßig die Worte, wenn sich Ministerpräsident und CSU-Chef Markus Söder in den vergangenen Monaten zur Bezahlkarte mit Leistungsguthaben für Stadt- und Gemeinderätinnen geäußert hat. Und das sind sie auch gestern, als Söder in München die neue bayerische Bezahlkarte präsentiert. Damit hat er das Startsignal für ihren Einsatz von heute an in vier Pilot-Kommunen gegeben.

Während im Stadtrat der Landeshauptstadt zuletzt nur vereinzelte parteiliche Stimmen die Bezahlkarte für sich einforderten, deren Eingaben zudem durch die SPD-Oberbürgermeisterin1 Dieter Reiter regelmäßig verworfen und zurückgewiesen werden, sind wie vom Ministerpräsidenten zusammen mit Innenstaatssekretärin Sandro Kirchner gestern angekündigt jetzt die Landkreise Fürstenfeldbruck, Traunstein und Günzburg sowie die kreisfreie Stadt Straubing voran geprescht.

Die Bezahlkarte selbst ist eine blaue Mastercard und trägt auch deren Emblem. Auf sie buchen die Behörden monatlich den Betrag, der dem jeweiligen Stadtrat statt Bargeld als ehrenamtliche Aufwandspauschale gesetzlich zusteht. Der kann dann mit der Karte in allen Geschäften in der Region einkaufen, in der er untergebracht ist. Sie ist so programmiert, dass mit ihr nur bei bestimmten Händlern, in festgelegten Gebieten und zum Beispiel nicht online bezahlt werden kann. Gleichzeitig ist das Abheben von Bargeld auf 50 Euro pro Monat begrenzt.

Der Fürstenfeldbrucker Landrat Karmasin bekennt sich ohne Wenn und Aber zu dem neuen System. Denn nach seiner "Überzeugung und jahrelanger Erfahrung" sind die bisherigen Bargeldauszahlungen an Kommunalpolitikerinnen sehr wohl ein Anreiz, in die Gemeinde- und Stadtratssitzungen zu kommen, auch wenn Wissenschaftler dies verneinen. Und natürlich bezahlten sie mit dem Geld, das sie hier bekommen, kommunale Wahlkampfhelfer sogar im Ausland. Überdies überwiesen Kommunalpolitikerinnen mit Migrationshintergrund Teile ihrer Sitzungsgelder gerne mal in die Heimat, sagt Karmasin. Deshalb sei er dankbar, dass Bayern das neue System deutlich schneller als der Bund einführt.

Die Gesamtzahl der Stadt- und Gemeinderät*_#Innen sei so hoch wie seit 2016 nicht mehr, sagt Söder. Die Obergrenze sei erreicht und "die bisherigen Maßnahmen reichen nicht aus, das gefährdet am Ende die demokratische Stabilität". Deshalb brauche es dringend eine "grundlegend andere, stärkere und konsequentere Anwendung der Gesetze". Die Bezahlkarte sei eine wichtige Maßnahme, auch wenn sie "nicht alle Probleme löst".

Es ist nur eine Frage der Zeit, bis auch die Mitglieder des Bundestages die Bezahlkarte für sich einfordern. Schon heute wird im Bundestag ein entsprechender, von der CDU/CSU Fraktion eingebrachter Gesetzvorschlag debattiert.
1 Dieser Artikel ist beizeiten im Generischen Femininum formuliert: es gelten grammatisch feminine Personenbezeichnungen gleichermaßen für Personen weiblichen, nicht-binärem und männlichen Geschlechts.

to top Bundestag: Fragestunde zum Bürgergeld
13. March 2024


Speichern: [mp4 - 46.8 MB] -- Sparte: Videocast - UID: 20220313

Im Anschluss an eine Regierungsbefragung folgte heute im Plenum des Bundestages die Fragestunde. Getrennt nach Ressorts beantworteten Vertreter der Bundesregierung eine Stunde lang Fragen (DrS. 20/10564), die von den Abgeordneten vorab schriftlich eingereicht worden waren.

Die mit Abstand meisten Fragen, nämlich 17, richteten sich an das Bundesministerium für Arbeit und Soziales, von denen jedoch nur ein Teil das Bürgergeld betraf. Zusätzlich wirkt sich die aufgeworfene Frage des Renteneintrittsalters auch auf Bürgergeldbeziehende aus.

Die Fragen, die das Bürgergeld und den Renteneintritt betreffen, wurden oben in einem 26 minütigen Video aneinander gefügt. Die rechts oben eingeblendete Uhrzeit lässt sämtliche nicht themenrelevanten Schnitte erkennen. Dem gesamtem Verlauf der Fragestunde kann auf der betreffenden Seite des Bundestages gefolgt werden. Zudem findet sich dort auch das stenografische Protokoll (DrS. 20/156) der gesamten 156. Sitzung, von dem ein Auszug den den Geschäftsbereich Arbeit und Soziales betreffenden Teil der Fragestunde (TOP 2) wiedergibt.

Die Beantwortung der durch den Bundestag gestellten Fragen übernahm die Parlamentarische Staatssekretärin beim Bundesminister für Arbeit und Soziales, Anette Kramme.

to top Arbeitshilfe zu Kostensenkungsaufforderungen
08. February 2024

https://igel-muc.de/images/news/20240208-logo-aufrecht_bestehen.jpg
Speichern: [jpeg - 0 MB] -- Sparte: Textcast - UID: 20240208

Kostensenkungsaufforderungen – Was tun? Das Bündnis ‚AufRecht bestehen‘ hat eine Arbeitshilfe für Beziehende von Bürgergeld (SGB II) oder Hilfe zum Lebensunterhalt und Grundsicherung der Sozialhilfe (SGB XII) und für Beratende im Bereich der Existenzsicherung entwickelt.

"Am 1. Januar 2024 ist für viele nach dem SGB II und SGB XII leistungsberechtigte Menschen die sogenannte Karenzzeit in Bezug auf die Kosten der Unterkunft ausgelaufen. Die Karenzzeit ist ein Zeitraum – in der Regel das erste Jahr im Bezug von Leistungen –, in dem die Unterkunftskosten, d.h. die Miete oder die laufenden Kosten für ein Eigenheim, vom Jobcenter oder Sozialamt in tatsächlicher Höhe anerkannt werden. Nach Ablauf dieser Schonfrist können die Behörden verlangen, dass „unangemessen hohe“ Wohn- bzw. Unterkunftskosten auf die angemessene Höhe, die sogenannte Mietobergrenze, abgesenkt werden. Dieser Vorgang nennt sich Kostensenkungsverfahren."

Eine Arbeitshilfe des Bündnisses ‚AufRecht bestehen‘ für Beziehende von Bürgergeld (SGB II) oder Hilfe zum Lebensunterhalt und Grundsicherung der Sozialhilfe (SGB XII) und für Beratende im Bereich der Existenzsicherung:

pdf document iconArbeitshilfe_Kostensenkungsaufforderungen-was-tun.pdf

Das Bündnis ‚AufRecht bestehen‘ wird getragen von der Arbeitslosenselbsthilfe Oldenburg (ALSO), „ARBEITSLOS – NICHT WEHRLOS“ Wolfsburg (ANW), Bundesarbeitsgemeinschaft Prekäre Lebenslagen (BAG PLESA), Gruppe Gnadenlos Gerecht Hannover, Gewerkschaftliche Arbeitslosengruppe im DGB-KV Bonn/Rhein-Sieg, Frankfurter Arbeitslosenzentrum e.V. (FALZ), Koordinierungsstelle gewerkschaftlicher Arbeitslosengruppen (KOS), Tacheles e.V. Wuppertal, ver.di Bundeserwerbslosenausschuss, Widerspruch e.V. Bielefeld und vielen weiteren örtlichen Bündnissen und Initiativen.

to top Geplante Leistungsminderung im SGB II: 100% Regelsatz-Sanktion
17. January 2024


Speichern: [mp4 - 48.4 MB] -- Sparte: Videocast - UID: 20240117

Seit Einführung des Bürgergelds wird die Sanktionierung der Hilfebedürftigen "Leistungsminderung" genannt. Die Regierungskoalition möchte jetzt strengere Regeln im Umgang mit bestimmten Bürgergeldempfangenden. „Bei nachhaltiger Verweigerung der Aufnahme zumutbarer Arbeit sollen ihnen künftig Leistungen entzogen werden.“ schreibt der Bundestag in seiner Änderungsankündigung (Anhörung II: Änderungen in SGB II, SGB III u. SGB VI).

Am 15. November 2023 hat das Bundesverfassungsgericht das Zweite Nachtragshaushaltsgesetz für nichtig erklärt.

"Das Urteil reißt nun eine gewaltige finanzielle Lücke. Die Koalition und die Bundesregierung werden nun erklären müssen, wie die 60-Milliarden-Lücke geschlossen werden soll." erläutert die tagesschau noch am Tag der Verkündung.

Zwei Tage später verlautbart die Bundesregierung, dass sich das Parlament für die Haushaltsberatungen in diesem Jahr mehr Zeit als gewöhnlich nimmt: "Zusätzlich werden Experten, die die Fraktionen ausgewählt haben, den Haushaltsausschuss unterstützen. Die Einzelheiten zum Bundeshaushalt 2024 stehen erst fest, wenn der Haushaltsausschuss seine Bereinigungssitzung beendet hat."

Am 8. Januar 2024 bringt die Regierungsfraktion ihren Entwurf eines Zweiten Haushaltsfinanzierungsgesetzes 2024 in den Bundestag ein (DrS 20/9999). Hiernach soll die geplante Verschärfung des der Leistungsminderung zu Grunde liegenden Paragrafen § 31a SGB II immerhin 150 Millionen Euro an Einsparungen der insgesamt 60 Milliarden Euro für den Bund bringen, also 2,5 Promille.

In den Nr. 4 und 5 des Artikel 5 des Gesetzentwurfes: Änderung des Zweiten Buches Sozialgesetzbuch soll der derzeit sechs Absätze umfassende § 31a um einen Absatz 7 erweitert werden, der die Leistungsminderung in Höhe des gesamten Regelsatzes unter bestimmten Voraussetzungen ermöglicht. Der neugefasste Absatz 3 des § 31b soll die Leistungsminderung auf längstens zwei Monate begrenzen, oder wenn die Arbeitsgelegenheit nicht mehr besteht.



Am 3. Januar 2024 erklärt die BA-Vorstandsvorsitzende Andrea Nahles in der monatlichen Pressekonferenz: "Inwieweit das sich dann auf die Arbeitsmarktintegration, auf die Bereitschaft, dann auch zumutbare Arbeit anzunehmen, auswirkt, da kann ich jetzt nicht Zahlen liefern oder so, aber wir haben immer die Meinung vertreten, dass es notwendig ist, dieses Instrument in bestimmten Fällen einzusetzen und insoweit würden wir an dieser Stelle von dieser Linie auch nicht Abstand nehmen." [↓O-Ton-Audio↓]

Am Tag der BA-Pressekonferenz erscheint auch die 230. Folge des Podcasts "Wohlstand für alle", bei dem sich Ole Nymoen und Wolfgang M. Schmitt fast 45 Minuten unter dem Folgentitel "↓Der wahre Bürgergeld-Skandal↓" unterhalten.

Am 11. Januar 2024 schließlich hat sich der Haushaltsausschuss im Rahmen einer öffentlichen Anhörung von Sachverständigen [Anhörung II] zwei Stunden lang mit dem Änderungsentwurf insgesamt beschäftigt. Vier Fragen wurden dabei auch an drei der geladenen Sachverständigen zu der geplanten Leistungsminderung im SGB II gestellt: An Prof. Dr. Alexander Thiele, BSP Business & Law School Berlin, benannt durch die SPD-Fraktion, an den von der FDP-Fraktion benannten Prof. Dr. Dr. h. c. Lars P. Feld, Walter Eucken Institut, sowie an den von der CDU/CSU Fraktion benannten Prof. Dr. Hans-Günter Henneke, Universität Osnabrück, die teilweise in den drei Tagen zuvor schriftliche Stellungnahmen zum Gesetzentwurf verfasst hatten [Links].

Die vier Fragen und Antworten, die die Verfassungsmäßigkeit und die tatsächlichen Einsparmöglichkeiten durch den geplanten "Leistungsminderungs-" bzw. Sanktionsparagrafen betreffen, wurden oben in einem 18 minütigen Video aneinander gefügt. Die rechts oben eingeblendete Uhrzeit lässt die drei nicht themenrelevanten Schnitte erkennen. Dem gesamtem Verlauf der Sachverständigenanhörung kann auf der Seite des Bundestages unter Anhörung II gefolgt werden. Zudem findet sich dort auch das stenografische Protokoll der 72. Sitzung.

Das von den Sachverständigen dort immer wieder angesprochene Urteil des Bundesverfassungsgerichtes zu den Sanktionsparagrafen des SGB II aus dem Jahr 2019 ist das Urteil des Ersten Senates des Bundesverfassungsgerichtes, 1 BvL 7/16 vom 5. November 2019. Die Randnummer, auf die sich der Gesetzgeber beruft, ist ↓Nr. 209 (Volltext)↓.

Neben den schriftlichen Stellungnahmen, die durch den Wirtschauftsausschuss angefordert wurden, wurden ihm auch vier schriftliche Stellungnahme ohne vorherige Aufforderung zugeleitet, die sich in der Anlage zum stenografischen Protokoll finden. Auf den Seiten 76 und 77 schreibt die Bundesvereinigung der Arbeitgeberverbände am 10. Januar 2024: "Im Ergebnis werden Regelungen des erst vor einem Jahr in Kraft getretenen Bürgergeldgesetzes in Teilen wieder zurückgedreht. Die vorgeschlagene Streichung des Regelbedarfes für Arbeitsverweigerer sollte immer dann und so lange greifen, wie das Arbeitsangebot besteht und nicht angenommen wird. Die zusätzliche Begrenzung auf zwei Monate ist überflüssig."

Ebenso gerade einen Tag vor der Sachverständigenanhörung reichte der Wuppertaler Erwerbslosen und Sozialhilfeverein Tacheles e.V. als bundesweit tätiger Fachverband seine Stellungnahme unaufgefordert ein [ebenda, Seiten 86 - 90]. Er zieht das Fazit: "Wir halten die unter Nummer 4 + 5 vorgeschlagenen 100%-Sanktionen in der Ausgestaltung für verfassungswidrig. Die 100%-Sanktion ist nicht verhältnismäßig, sie ist nicht zur Arbeitsmarktintegration geeignet, sie entfernt die Sanktionierten nur noch weiter vom Arbeitsmarkt. Einziger Zweck ist Symbolpolitik. Eine solche rechtfertigt keine derart erheblichen Grundrechtseingriffe. Auch zur Sanierung des Haushaltes sind Sanktionen für Sozialleistungsbeziehende nicht geeignet."

Leider erst heute, eine knappe Woche nach der Sachverständigenanhörung, aber noch vor Erlass des Zweiten Haushaltsfinanzierungsgesetzes 2024 macht auch der Bundesvorstand der "Neue Richtervereinigung: Zusammenschluss von Richterinnen und Richtern, Staatsanwältinnen und Staatsanwälten" auf gravierende verfassungsrechtliche Bedenken gegen die beabsichtigte Einführung einer den gesamten Regelbedarf umfassenden Leistungsminderung (vormals: Sanktion) und die drohende Zweckverfehlung des Vorschlages aufmerksam. Er fordert abschließend eine Gesetzgebung mit Augenmaß, nicht im Schnellverfahren mit zweifelhaften Zwecken: "Das BVerfG hat betont, dass auch Personen, denen "unwürdiges" Verhalten oder sogar schwerste Verfehlungen vorzuwerfen sind, den Anspruch auf ein menschenwürdiges Existenzminimum nicht verlieren (BVerfG a.a.O. ↓Rn. 120 (Volltext)↓).

Vor diesem Hintergrund bedürfen die gesetzgeberischen Entscheidungen einer besonders sorgfältigen Abwägung, die nicht in einem gesetzgeberischen Schnellverfahren mit fehlerhafter Zweckausrichtung, nämlich zur Realisierung fiskalischer Interessen statt der Ausrichtung auf die teilhabeorientierte Mitwirkung, getroffen werden sollten." So die NRV zu den geplanten Leistungsminderungen im SGB II, pdf, 437 kB

"Round & round it goes, where it stops, nobody knows." [Aus „Round 'n' Round“ von Gil Ofarim]

Updates:
18.01.2024: Kurze Durchsage der ↷ tagesschau, ARD: Geplante Verschärfung soll befristet werden
22.01.2024: Kurze Durchsage des ↓Haushaltshaltausschuss↓ Änderung auf zwei Jahre befristen [DrS. 20/10150].
07.03.2024: Kurze Durchsage von ↷ Monitor, ARD Streit ums Bürgergeld: Mit falschen Fakten gegen die Ärmsten?